Am 29.06.1995 ereignete sich auf der Eisenbahnstrecke Hamburg-Kiel bei Bahnkilometer 38,130 nahe des ehemaligen Horster Bahnhofs ein schweres Zugunglück. Gegen 00.46 Uhr war ein aus vier Personenwagen bestehender Regionalzug aus Kiel mit 126 km/h auf einen Güterzug aufgefahren. Dieser bestand aus 29 Wagen und war gerade vom ehemaligen Horster Bahnhof Richtung Elmshorn gestartet. Der Lokführer des Güterzugs verhinderte eine noch größere Katastrophe: Ihm gelang es in letzter Minute, per Handzeichen einen aus Elmshorn kommenden Güterzug vor der Unfallstelle zu stoppen.
Bei diesem Unglück wurden 23 Personen verletzt, vier davon schwer. Fünf Güter- und Personenwagen wurden total zerstört. Die Diesellok, die den Regionalzug gezogen hatte, wurde sehr stark beschädigt. Auch der Oberbau des Bahngleises in Richtung Elmshorn und die kurz zuvor fertiggestellte, aber noch nicht in Betrieb befindliche Oberleitung wurden in Mitleidenschaft gezogen. Der entstandene Schaden wurde später auf bis zu 2,5 Mio. DM geschätzt.
Die erste Meldung über das Unglück ging im Bahnhof Elmshorn ein. Von dort wurden die Rettungsleitstellen der Kreise Pinneberg und Steinburg informiert. Diese alarmierten die Polizei, diverse Rettungswagen und Notärzte sowie die Freiwilligen Feuerwehren aus der Umgebung. Die Horster Feuerwehr wurde um 01.06 Uhr benachrichtigt. Ihr erstes Fahrzeug erreichte den Unglücksort um 01.13 Uhr, zwei weitere Fahrzeuge folgten um 01.14 Uhr bzw. 01.20 Uhr. Kurze Zeit später trafen auch Einsatzkräfte der Feuerwehren aus Elmshorn, Kiebitzreihe, Sparrieshoop und Itzehoe ein.
Erst nachdem die Feuerwehr für die Beleuchtung der Unfallstelle gesorgt hatte, wurde das ganze Ausmaß des Unglücks klar: Auf ca. 100 Metern waren Waggons aus den Schienen gesprungen oder verkeilt. Die Diesellok des Personenzuges hatte sich auf einen Autotransportwagen und zwei Niederflurwagen geschoben. Das Führerhaus der Lok, in dem zwei schwerverletzte Lokführer eingeklemmt waren, befand sich schwer zugänglich in ca. 4 m Höhe. Aus der Lok lief Dieselkraftstoff. Die Ladung eines zerstörten Schüttgutbehälters hatte sich auf dem Gegengleis verteilt und mit Eisen- und Blechteilen der zerstörten Güterwagen vermischt. Abgerissene Teile der Oberleitung lagen auf den Trümmern.
Der erste Reisezugwagen war entgleist. Etwa ein Drittel von ihm lag flach auf dem Gegengleis und war so stark zerstört, dass erst sehr viele Stunden nach dem Unglück festgestellt werden konnte, dass sich in ihm tatsächlich niemand mehr befand. Der Rest dieses Personenwagens war etwa 45 Grad auf die Seite gekippt. Auch der zweite Reisezugwagen war entgleist und drohte umzukippen. Die zwei restlichen Personenwagen standen noch auf dem Gleis und waren wenig beschädigt.
Die meisten Reisenden konnten sich selbst in Sicherheit bringen. Die Rettung von zwei schwerverletzten Fahrgästen, die sich im ersten Reisezugwagen befanden, gestaltete sich äußerst schwierig. Noch aufwändiger war die Rettung der beiden schwerverletzten Lokführer.
Zur Verstärkung der Einsatzkräfte wurden die Bahnfeuerwehr aus Glückstadt, das THW aus Elmshorn. Barmstedt, Pinneberg und Itzehoe sowie das DRK aus Pinneberg, Kaltenkirchen und Hamburg alarmiert. Polizeikräfte aus der Region und Einheiten des Bundesgrenzschutzes riegelten die gesamte Unglücksstelle weiträumig ab.
Der zwischenzeitlich angerückte Gefahrenabwehrzug des Kreises Steinburg und das THW verhinderten, dass der aus der Lok auslaufende Dieselkraftstoff ins Erdreich und in die Gewässer gelangte. Die Horster Feuerwehr pumpte das bereits verschmutzte Wasser in große Behälter.
Um 01.42 Uhr wurde die Horster Jacob-Struve-Schule geöffnet und als Notunterkunft bereitgestellt. Dort wurden die nicht ins Krankenhaus transportierten Passagiere des Personenzuges medizinisch und seelisch vom DRK und Verwaltungsbeamten des Amtes Horst betreut.
Der Gefahrenabwehrzug und die Feuerwehren der Nachbargemeinden konnten gegen 05.00 Uhr bzw. 06.00 Uhr die Unfallstelle verlassen. Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG und THW begannen, mit zwei Bahnkränen und anderem schwerem Gerät das Trümmerfeld zu beseitigen. Die Horster Feuerwehr stellte während der Aufräumarbeiten den Brandschutz sicher. Sie musste mehrfach eingreifen, um bei Arbeiten mit Schweißgeräten und Trennschleifern entstandene Brände im Keim zu ersticken. Erst nach ca. 25 Std. war der Einsatz der Horster Wehr beendet.
Am 30.06.1995 waren die Aufräumarbeiten so weit fortgeschritten, dass das Gleis Richtung Neumünster ab 05.44 Uhr wieder befahren und der Busersatzverkehr zwischen Elmshorn und Wrist eingestellt werden konnte. Es kam jedoch noch zu Verspätungen. Die Bahn reparierte die Schäden am Gleis Richtung Elmshorn, so dass im Laufe des 01.07.1995 der Verkehr auch auf diesem Gleis wieder aufgenommen werden konnte.
Wochenlang erinnerten noch einige zerstörte Güter- und Personenwagen, die auf einem Feld neben der Unfallstelle abgelegt worden waren, an das schwere Zugunglück. Die Unfalllok war für alle Reisenden sichtbar im Juli 1995 in Neumünster abgestellt.
Insgesamt waren 173 Personen von Feuerwehren, THW und DRK mit 36 Fahrzeugen sowie eine unbekannte Anzahl von Kräften der Polizei und des Bundesgrenzschutzes mit weiteren Wagen im Einsatz.
Recht schnell war klar, dass menschliches Versagen zum Zugunglück geführt hatte: Der Fahrdienstleiter im Stellwerk Dauenhof hatte dem Regionalzug aus Kiel freie Fahrt signalisiert, obgleich sich im ehemaligen Bahnhof von Horst noch ein Güterzug befand.
Im Juni 1996 musste sich der beschuldigte Bahnmitarbeiter wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr mit fahrlässiger Körperverletzung vor dem Landgericht Itzehoe verantworten. Nach drei Verhandlungstagen wurde der Mitarbeiter lediglich verwarnt und zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt. Während des Prozesses wurde klar, dass der Beschuldigte am Tag des Unglücks wegen diverser technischer Störungen im Bereich des Bahnhofs Dauenhof unter erheblichem Stress stand. Zudem gab es einige Irritationen bei der Kommunikation mit den Mitarbeitern im Stellwerk Elmshorn.
Ausführlichere Informationen über das Eisenbahnunglück in Horst enthält ein gleichnamiger Beitrag des damaligen Horster Wehrführers Albert Ramm im Steinburger Jahrbuch 2004 auf den Seiten 247 bis 252.